Eine multizentrische Studie zur Modellierung und Pilotierung eines patientenzentrierten interdisziplinären Behandlungs- und Versorgungskonzeptes für onkologisch-geriatrische Patienten (PIVOG)
Kurztitel
Förderzeitraum
Förderung
Zusammensetzung der Arbeitsgruppe:
Projektleitung
Klinischer Kooperationspartner:
Dr. med. Eckhard Fiedler, Universitätsklinik für Dermatologie
Wissenschaftliche Mitarbeiter:
Study Nurses:
Evelyn Teuber, Franziska Flessner, Alexandra Biolik
Abstract
Hintergrund
Ältere Patienten mit Tumorerkrankungen sind in Bezug auf Beeinträchtigungen in körperlicher und kognitiver Funktionalität sehr heterogen und häufig durch multiple Komorbidität belastet. Daher wird empfohlen, in Therapieplanung ergänzend zu klinischen Parametern auch die individuelle Belastbarkeit, das soziale Umfeld und die Versorgungssituation der Patienten einzubeziehen, um relevante Risikofaktoren zu identifizieren. Es mangelt jedoch an prospektiven Studien, um evidenzbasierte Empfehlungen für die Planung der Therapie und Nachsorge abzuleiten.
Zielstellung
Ziel der Studie ist die Entwicklung, Modellierung und Pilotierung eines patientenzentrierten interdisziplinären Behandlungs- und Versorgungskonzeptes für onkologisch-geriatrische Patienten (PIVOG) unter Einbeziehung klinischer und biologischer Parameter, des CGA sowie der Lebensqualität. Diese komplexe Intervention soll ergänzend zur leitliniengerechten onkologischen Behandlung eine gezielte, bedarfsgerechte Anwendung medizinischer und therapeutischer unterstützender Maßnahmen sowie eine sektorenübergreifende pflegerische Begleitung umfassen.
Design und Methode
Das Projekt mit einer Gesamtdauer von 2 Jahren gliedert sich in 2 Projektabschnitte:
1. Entwicklung und Modellierung der komplexen Intervention
Um die komplexe Intervention mit exemplarischen Behandlungspfaden und die Sektoren-übergreifende pflegerische Begleitung zu entwickeln und zu modellieren, wurden die Routinedokumentation und Versorgungsmuster onkologischer Patienten >70 Jahre analysiert. Ergänzend wurden im Rahmen einer Sekundärdatenanalyse relevante Aspekte der Lebensqualität geriatrischer Krebspatienten identifiziert. Anhand von Fallvignetten wurden unter Einbeziehung des wissenschaftlichen Beirates Behandlungspfade und die Sektoren-übergreifende pflegerische Begleitung entwickelt und modelliert. Die komplexe Intervention soll ergänzend zu klinischen und biologischen Parametern die Befunde des geriatrischen Assessments und der Lebensqualität einbeziehen.
2. Pilotierung der komplexen Intervention
Die im ersten Projektabschnitt entwickelte Intervention wurde im zweiten Projektabschnitt pilotiert.
Einschlusskriterien: Onkologische Patienten der teilnehmenden Kliniken (Universitätskliniken für Strahlentherapie, Innere Medizin IV und Dermatologie, Halle) in stationärer Behandlung, Alter>70 und schriftlichem Einverständnis zur Studienteilnahme. Stichprobengröße: N=100.
Intervention: Planung und Durchführung der onkologischen Behandlung unter Einbeziehung klinischer und biologischer Parameter, des CGA sowie der Lebensqualität (LQ). Die Behandlung wird, entsprechend der zuvor modellierten Behandlungspfade ergänzt durch gezielte, bedarfsgerechte Anwendung medizinischer und therapeutischer unterstützender Maßnahmen und die Sektoren-übergreifende pflegerische Begleitung während der poststationären Phase.
Datenerfassung und Analyse:
Patientenbezogene Endpunkte: Therapieform, Dosis, Nebenwirkungen (CTCAE-Skala) und Supportivmaßnahmen. Messzeitpunkte: Einschluss (t1) und 6 Monate poststationär (t2). Variablen: Funktionsfähigkeit, LQ (EORTC QLQ-C30, ELD14) (t1, t2), Entlassungsstabilität (Anzahl und Ursachen der Rehospitalisierungen), Gesamt- und krankheitsspezifisches Überleben, Patientenzufriedenheit (t3).
Um den potentiellen Nutzen der zusätzlichen Informationen für die Behandlungsplanung und Entscheidungsfindung zu erfassen, werden sowohl der Entscheidungsprozess im Tumorboard als auch die partizipative Entscheidungsfindung mit den Patienten analysiert.
Ergebnisse
Es beteiligten sich 100 Patientinnen und Patienten in einem mittleren Alter von 76,3 Jahren (SD 4.8), 47% weiblich. Im Durchschnitt hatten die Patienten 5 Komorbiditäten (SD 2.8, min. 0, max. 15) und nahmen 8 verschreibungspflichtige Medikamente (SD 3.6, min. 0, max. 15). Entsprechend der definierten Behandlungspfade wurden bei individuellem Bedarf, der durch die Assessments festgestellt wurde, supportive Maßnahmen eingeleitet. Deskriptive Analysen zeigten, dass die gesundheitsbezogene Lebensqualität (HRQOL) 6 Monate nach Abschluss der Akuttherapie (n=57) sich für n=16 (28%) klinisch signifikant (≥10 Pkt.) verschlechtert hatte und für n=41 (72%) unverändert blieb oder sich besserte, Obwohl einige Funktionsskalen (z.B. Mobilität, Rollenfunktion) und einige Samptome (z.B. Fatigue, Schmerz) sich verschlechterten. Die telefonische pflegerische Nachsorge wurde gut angenommen. Insgesamt zeigte die Studie Machbarkeit, gute Akzeptanz und potentiellen Nutzen der komplexen Intervention.
Wissenschaftlicher Beirat
Martin-Luther Universität Halle-Wittenberg:
International Experts: