Neueste Forschungsergebnisse legen nahe, dass RNA-Bindeproteine (RBPs) und nicht-kodierende RNAs (ncRNAs) einen entscheidenden Einfluß auf den Verlauf verschiedenster humaner Erkrankungen haben.

RBPs und ncRNAs liegen im pathologischen Kontext häufig dereguliert vor, was sich stark auf deren Effektormoleküle auswirkt und sowohl den Krankheitsverlauf, als auch den Therapieerfolg entscheidend beeinflussen kann. Auf molekularer Ebene können RBPs und ncRNAs eine Vielzahl zellulärer Prozesse regulieren, welche von der Transkription, der mRNA-Regulation, der Proteinsynthese bis hin zur Proteinsekretion reichen.

Unsere Arbeitsgruppe erforscht die zellbiologischen Eigenschaften krankheitsrelevanter RBPs und ncRNAs. Hierbei steht zunächst die Charakterisierung des/der RBPs/ncRNA im Vordergrund. Anschließend werden durch gezielte Manipulation (Überexpression, Knockdown, Knockout) die zellulären Eigenschaften auch in vivo untersucht. Ein Langzeitziel stellt dabei immer die Entwicklung neuartiger Diagnoseverfahren und Therapieoptionen dar.

Forschungsschwerpunkte

Das Nierenzellkarzinom ist eine der häufigsten Tumorerkrankungen mit rund 10.000 Neuerkrankungen pro Jahr in Deutschland. Den häufigsten Typ stellt dabei das klarzellige Nierenzellkarzinom (ccRCC) dar. Die Prognose für das ccRCC ist recht gut, wenn der Tumor frühzeitig erkannt wird (60-80% 5-Jahres-Überlebensrate). Im Falle von bereits metastasierendem ccRCC sinkt die Überlebensrate jedoch drastisch. Die meisten ccRCCs sind resistent gegenüber klassischen Chemo- und Radiotherapien, weshalb neue, innovative Therapien zur Behandlung gerade des metastasierendem ccRCC dringend benötigt werden.

Wir haben globale RNA-Seq Datensätze (TCGA und eigene Kohorten) von ccRCC-Proben untersucht. Interessanterweise fanden wir Hinweise, dass Proteine der APOBEC3-Proteinfamilie im ccRCC stark erhöht vorliegen. APOBEC3-Proteine gehören zu einer Familie von Zn-abhängigen Cytidin-Deaminasen. Wir konnten ermitteln, dass

Die RBFOX-Proteinfamilie stellt eine konservierte Gruppe von RNA-bindenden Regulatoren des alternativen Splicing (AS) dar. RBFOX1 wird hauptsächlich in Neuronen und Muskelzellen exprimiert. Dieses Expressionsmuster wird durch die Nutzung alternativer Promoter ermöglicht. Auch in vivo-Studien konnten bereits die essentielle Rolle von RBFOX1 im AS zeigen. Unsere Gruppe beschäftigt sich hauptsächlich mit der pathophysiologischen Rolle von RBFOX1 im Herzmuskel. In Mausmodellen der Herzhypertrophie (z.B. transverse aortic constriction (TAC)) lässt sich eine starke Verringerung der RBFOX1-Menge feststellen, welche mit einem Verlust von alternativen Protein-Isoformen einher geht, welche durch RBFOX1 reguliert werden. Zusätzlich konnten Hinweise auf eine Rolle von RBFOX1 in der miRNA- und snoRNA-Biogenese gefunden werden, da es diverse Vorläufer-ncRNAs im Nukleus binden und regulieren kann. Unsere Forschung zielt darauf ab, die molekularen Mechanismen aufzuklären, durch die RBFOX1 das RNA-Schicksal von Zieltranskripten beeinflußen kann. Ein weiteres Forschungsziel stellt die Aufklärung pathologischer Zellprozesse dar, durch die RBFOX1 in z.B. hypertrophen Hermuskelzellen dereguliert vorliegt.

Leukämiestammzellen (LSCs) werden aktuell als der Zelltyp angesehen, welcher nicht nur das Voranschreiten einer Leukämie, sondern auch das Wiederauftreten nach erfolgter Behandlung einer akuten myeloischen Leukämie (AML) maßgeblich steuert. LSCs befinden sich als unterrepräsentierte Zellpopulation in vielen Leukämien und zeichnen sich durch hohes Selbsterneuerungspotential, einen langsamen Zellzyklus und Resistenz gegenüber pharmakologischen Wirkstoffen aus. Bislang ist nur wenig über die molekularen Regulatoren bekannt, welche die Eigenschaften von LSCs fördern. Wir haben uns zum Ziel gesetzt LSC-relevante RNA-Bindeproteine (RBPs) und lange nicht-kodierende RNAs (lncRNAs) zu identifizieren und charakterisieren. Dies könnte in der Zukunft zu verbesserten Diagnose- und Behandlungsoptionen in der AML führen.

Neueste Sequenziertechniken haben ergeben, dass ein Großteil des eukaryotischen Genoms transkribiert wird. Interessanterweise, scheint nur ein kleiner Teil davon für Proteine zu kodieren. Unter den Transkripten, welche für kein Protein kodieren (ncRNAs) findet man auch RNA-Spezies welche im Zwischenbereich von kleinen ncRNAs (z.B. miRNAs, siRNAs) und längeren ncRNAs (lncRNAs) liegen. Wir haben uns zum Ziel gesetzt diese medium-sized ncRNAs (msRNA) mit einer Länge zwischen 50 und 300 Basen zu identifizieren und genauer zu charakterisieren. Obwohl diese ncRNAs in Bezug auf Biogenese, zelluläre Lokalisation und Funktion sehr unterschiedlich sind, ist es allgemein anerkannt, dass diese Klasse von RNAs essentielle Rollen in z.B. der Translation, der Transkription oder dem Splicing spielen. Auch auf Grund der Vielzahl der durch msRNAs kontrollierten Prozesse ist es deshalb nötig, mehr über diese interessante Klasse von ncRNAs gerade auch im pathologischen Kontext zu erfahren.

Forschungsförderung

Unsere Forschungstätigkeit wird finanziert durch das Dekanat der Medizinischen Fakultät Halle, das Wilhelm-Roux-Programm und die deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG).