Forschungsthemen

Zell-Zell-Kontakte sind multifunktionale Strukturen, die einerseits für den Zusammenhalt der Zellen im Gewebe insbesondere unter mechanischem Stress essentiell sind, andererseits aber auch für die Kommunikation zwischen benachbarten Zellen. Sie sind aufgebaut aus Transmembranproteinen, die mit den entsprechenden Proteinen der gegenüberliegenden Zelle interagieren und so den Zusammenhalt vermitteln. Die intrazellulären Domänen dieser Proteine interagieren mit sogenannten Plaque Proteinen, die eine Verbindung zum Zytoskelett herstellen. Wir interessieren uns insbesondere für zwei eng verwandte Familien von Plaque-Proteinen, die Plakophiline in Desmosomen und die p120-verwandten Proteine in adherens junctions. Diese Proteine sind essentiell für die Ausbildung der Zellkontaktstrukturen und damit für den Zusammenhalt der Zellen im Gewebe, insbesondere auch unter mechanischer Belastung. Daneben haben wir eine Reihe bisher unbekannter Funktionen dieser Proteine aufgeklärt und z.B. gezeigt, dass sie an der Kontrolle der Proteinbiosynthese oder der Regulation der Zytokinese beteiligt sind und darüber eine wichtige Funktion bei der Regulation der Proliferation haben.

Forschungsansätze

Wir arbeiten mit Maus- und Zellkulturmodellen. Der Fokus liegt aktuell auf der Epidermis bzw. den Keratinozyten. Wir haben eine Reihe von nicht-transformierten Keratinozyten-Zelllinien aus wildtyp-Mäusen und genetisch veränderten Mäusen etabliert. Diese Zellen stellen eine ideale Basis dar, um die unterschiedlichen sowie überlappenden Funktionen der Zellkontaktproteine auf molekularer Ebene zu charakterisieren. Wichtige funktionelle Parameter sind dabei der Zusammenhalt der Zellen und die Barrierefunktion, die Proliferationskontrolle sowie das Differenzierungspotential. Wir setzen ein breites Spektrum an molekularbiologischen und zellbiologischen Techniken ein. Mikroskopie, insbesondere Fluoreszenzmikroskopie an lebenden und fixierten Zellen spielt dabei eine herausragende Rolle.

Zukunftsperspektiven

Indem wir aufklären, welche Funktionen die Zellkontaktproteine in der Kontrolle von Zell-Zusammenhalt und Zellproliferation haben und wie diese komplementären Funktionen im Gewebe reguliert werden, leisten wir einen wesentlichen Beitrag dazu, das Phänomen „Kontaktinhibition“ zu verstehen. Wir erforschen, was Zellen dazu veranlasst die Proliferation zu stoppen und welche Mechanismen in der Zelle ablaufen, sobald ein konfluenter Zellrasen vorhanden ist, die Proliferation aber wieder anzuschalten, wenn der Zellrasen bzw. das Gewebe durch eine Wunde gestört sind. Das wird dazu beitragen (a) genetische Erkrankungen bedingt durch Mutationen in den Zellkontaktproteinen besser zu verstehen, (b) Wundheilungsstörungen auf molekularer Ebene zu erklären und so verbesserte Behandlungsstrategien zu entwickeln und (c) die Rolle spezieller Zellkontaktproteine bei der unkontrollierten Proliferation von Krebszellen besser zu verstehen.

Unsere Projekte

Plakophiline sind Bestandteile der Desmosomen. In der Epidermis sind die Plakophiline 1 und 3 exprimiert, wobei in den Basalzellen vorwiegend Plakophilin 3 vorkommt, während in den Suprabasalzellen Plakophilin 1 überwiegt. Wir haben untersucht, inwieweit die Zusammensetzung der Plakophiline die Zelladhäsion von Keratinozyten beeinflusst. Plakophilin 3-haltige Desmosomen sind dynamischer als solche, die überwiegend Plakophilin 1 enthalten. Dagegen sind Plakophilin 1-haltige Desmosomen stabiler und gewähren einen besseren Zusammenhalt der Zellen insbesondere unter mechanischer Belastung der Epidermis. Patienten mit Mutationen im Plakophilin 1-Gen leiden entsprechend an einer Hauterkrankung, dem „skin fragility syndrome“.

Plakophilin 1 (PKP1) defiziente Mäuse zeigen eine Barrierestörung mit Blasenbildung der Haut. Die Suprabasalzellen der Epidermis lösen sich von den Basalzellen. PMID: 27033150, PMID: 30949721

Plakophilin 3-haltige Desmosomen akkumulieren an den Stellen mit der höchsten Dynamik, d.h. in den Basalzellen der Epidermis und an trizellulären Kontakten. Die Sortierung von Plakophilin 1 und 3 in distinkte Desmosomen wird durch Phosphorylierung und Phosphorylierung­sabhängige Interaktion mit Proteinen der 14-3-3 Familie reguliert.

Plakophilin 1 und 3 (PKP1, PKP3) haben während der Entstehung und Reifung der Desmosomen unterschiedliche Lokalisation und Funktion. PMID: 27375112, PMID: 29678907

Wir haben kürzlich gezeigt, dass Plakophilin 1 eine Funktion in der Proteinbiosynthese hat Plakophilin 1 ist eine Komponente des Translationsinitiationskomplexes, der an mRNAs bindet. Dort stimuliert Plakophilin 1 die Aktivität des eukaryontischen Initiationsfaktor 4A1 (eIF4A1), einer Helikase, die an der Aufwindung von RNA-Sekundärstrukturen beteiligt ist. Eine Stimulation der Proteinsynthese führt zu Zellwachstum und erhöhter Proliferationsrate. Folglich kann Plakophilin 1, wenn es in Desmosomen lokalisiert, die Zelladhäsion verstärken und damit der Proliferation entgegenwirken, sobald es im Zytoplasma lokalisiert aber die Proliferation erhöhen über die Stimulation der Proteinsynthese.

Desmosomales Plakophilin 1 (PKP1) fördert stabile Adhäsion („Hyperadhäsion). Zytoplasmatisches PKP1 stimuliert die Proteinbiosynthese. Translation und Proliferation sind eng miteinander gekoppelt. PMID: 20156963, PMID: 20699665

 

 


PKP1 ist eine Komponente des Translationsinitiationskomplexes, wo es die Aktivität der RNA-Helikase eIF4A1 stimuliert.

Plakophilin 3 ist ebenfalls im Translationsinitiationskomplex zu finden, wo es mit eIF3 Untereinheiten interagiert. Außerdem könnte es über eine Beeinflussung von Wachstumsfaktor-vermittelten Signalwegen den Eintritt in die Synthesephase des Zellzyklus regulieren.

Um zu verstehen, wie die verschiedenen Funktionen der Plakophiline einerseits in der Adhäsion und andererseits in der Kontrolle der Proliferation reguliert werden, haben wir untersucht wie bekannte Signalwege diese Proteine modifizieren und welche Auswirkungen bestimmte Modifikationen auf ihre Funktion haben. Dabei haben wir festgestellt, dass die Proteine nicht nur unterschiedliche und teilweise komplementäre Funktionen in der Regulation der Adhäsion haben, sondern auch durch unterschiedliche Signalwege reguliert werden. Während die Aktivierung des Insulin-Signalweges zu einer Phosphorylierungs-abhängigen Translokation von Plakophilin 1 ins Zytoplasma mit verstärkter Proteinbiosynthese und Proliferation führte, war Plakophilin 3 durch den Insulin-Signalweg nicht verändert.

Aktive Akt2 Kinase induziert eine Translokation von PKP1 von der Membran ins Cytoplasma, wo es die Translation stimuliert.
PMID: 23444369

Dagegen modifiziert der EGF-Signalweg über eine RSK-abhängige Phosphorylierung von Plakophilin 3 die Adhäsion von Keratinozyten. PMID: 32122945 Da beide Signalwege in Tumorzellen aktiviert sein können, implizieren diese Befunde einen Beitrag der Plakophiline zum unkontrollierten Wachstum.

Oberflächenepithelien bilden überlebenswichtige Barrieren des Körpers gegenüber der Umwelt. Sie verhindert das Eindringen gefährlicher Substanzen und sind Teil des angeborenen Immunsystems. Eine Störung dieser Barrierefunktion begünstigt die Pathogenese verschiedenster Erkrankungen bis hin zur Entstehung von Tumoren. Die größte Barriere des Körpers gegenüber der Umwelt wird von der Haut gebildet. Der Hauptzelltyp der Epidermis sind die Keratinozyten. Die in Keratinozyten stark ausgeprägten Desmosomen gewährleisten die interzelluläre Kohäsion, die für den Aufbau der Barriere essentiell ist. Autoimmunerkrankungen sowie genetisch bzw. mikrobiell verursachte Krankheiten, die zum Funktionsverlust desmosomaler Proteine und damit zum Verlust der desmosomalen Kohäsion führen, sind begleitet von chronischen Entzündungen der Haut, Wundheilungsstörungen sowie multiplen Allergien. Der Verlust der Barrierefunktion ist mitverantwortlich für die beobachteten Symptome, allerdings gibt es auch eine Reihe von Befunden, die nahelegen, dass desmosomale Proteine in Signalwege involviert sind, die Entzündungsreaktionen steuern.

Plakophilin 1 knockout Mäuse zeigen Hautläsionen mit gestörter Barrierefunktion und sichtbaren Entzündungsreaktionen.
PMID: 27033150, PMID: 30949721

Mit Hilfe von Maus-Modellen (PKP1-, PKP3- und PKP4-knockout) und Keratinozyten dieser Mäuse versuchen wir die molekularen Grundlagen zur Rolle der Plakophiline bei Entzündungsreaktionen zu entschlüsseln. In weitergehenden Analysen soll der Einfluss der Plakophilin-regulierten Entzündungsreaktionen auf Wundheilungsprozesse und entzündliche Erkrankungen der Haut untersucht werden.

Wir haben kürzlich Knockout Mäuse generiert, die kein PKP4 exprimieren. Diese Mäuse zeigen zunächst keinen auffälligen Phänotyp. Aktuell fokussieren wir auf die Funktion des Proteins in der Epidermis. Dazu verwenden wir PKP4-defiziente Keratinozyten. Zurzeit untersuchen wir die Rolle von PKP4 bei der Differenzierung und Barrierebildung der Haut.

Forschungsförderung

Laufende Projekte:

  • DFG SPP 1782 „ Epithelial intercellular junctions as dynamic hubs to integrate forces, signals and cell behavior” HA 1791/11-1 und 11--2
  • DFG Normalverfahren HA 1791/11-1
  • DFG Normalverfahren KE 2403/1-1