Essenspraktiken Jugendlicher in stationären Erziehungshilfen. Eine Mixed-Methods-Studie
 

Projektleitung: Prof. Dr. Matthias Richter (Standort Halle), Prof. Dr. Wolfgang Schröer (Standort Hildesheim) und Prof. Dr. Vicki Täubig (Standort Siegen)

Koordination: Jenny Markert und Max Herke (Standort Halle)

Anprechpartner: Jenny Markert

Laufzeit: 01.06.2018 bis 31.05.2021

Förderer: Deutsche Forschungsgemeinschaft

Ausführliche Projektbeschreibung

Jugendliche werden durch Essen sozialisiert, erzogen und gebildet. In öffentlichen Einrichtungen, in denen Jugendliche leben, stellen die Organisation von Essen und der alltägliche Umgang mit Essen Jugendlicher einen zentralen Aspekt der pädagogischen und therapeutischen Arbeit dar. Bisher ist aber weitgehend unerforscht, wie Essenspraktiken Jugendlicher durch die unterschiedliche Organisation von Essen in stationären Einrichtungen beeinflusst werden: Ansätze der internationalen Forschung (bspw. „food practices approach“ von Punch) wurden kaum in den Forschungsstand in Deutschland integriert. Die bisherige Forschung konzentriert sich auf die Analyse des Ernährungsverhaltens von Heranwachsenden oder auf Ernährungsroutinen in Familien. Belastbare Ergebnisse zu Essenspraktiken Jugendlicher in stationärer Erziehungs- und Behindertenhilfe sowie zur Organisation von Essen in diesen pädagogischen Kontexten liegen bislang nicht vor.

Das beantragte Forschungsprojekt untersucht mit einem Mixed-Methods-Ansatz die Essenspraktiken Jugendlicher, die in stationärer Erziehungshilfe leben, sowie die organisationale Herstellung des Essens Jugendlicher in den Einrichtungen. Das Untersuchungsdesign besteht neben einer integrierten Übersichtsarbeit zur Aufbereitung des internationalen Forschungsstandes aus den folgenden zwei Zugängen:

  • Mit einer Fragebogenerhebung werden Essensformen Jugendlicher und deren Organisation in stationärer Erziehungshilfe über eine deskriptive Analyse herausgearbeitet. Im Mittelpunkt stehen die Fragen, wer isst was, wann, wo, wie, mit wem sowie Fragen zu den Einstellungen zum Essen und der Organisation von Essen.
  • In einer qualitativen Untersuchung (teilnehmende Beobachtung, Dokumentenanalyse, Interviews mit Jugendlichen und Fachkräften) steht die Analyse der Essenspraktiken Jugendlicher im Mittelpunkt. Es wird die Nahrungsaufnahme und Essensorganisation beobachtet. Dabei wird insbesondere auf Essensformen geachtet, die „by the way“ stattfinden oder spontan organisiert werden. Die Dokumentenanalyse und die Experteninterviews fokussieren den Sinn und die Deutungen der Organisation zum Essen; die Interviews mit den Jugendlichen die Sinngebungen der Jugendlichen.

Mit dieser Untersuchung kann ein grundlegender Beitrag zur Erforschung der alltäglichen Pädagogik stationärer Einrichtungen in öffentlicher Verantwortung wie auch der Essenssozialisation im Jugendalter geleistet werden. Im internationalen Forschungsstand kann beobachtet werden, dass die alltäglichen Bedingungen des Aufwachsens in stationären Einrichtungen bisher kaum grundlegend erforscht sind. Die Antragsteller_innen arbeiten seit Jahren eng zusammen und stellen mit ihren unterschiedlichen Zugängen der Medizinsoziologie, Jugend- und Sozialisationsforschung sowie Kinder- und Jugendhilfeforschung eine umfangreiche Expertise für das Projekt bereit. Zudem kann auf die intensive Zusammenarbeit mit Samantha Punch, einer internationalen Pionierin in diesem Forschungsfeld, verwiesen werden.