Armlähmung bei Kindern: Universitätsmedizin Halle und BG Klinikum Bergmannstrost Halle bündeln Expertise in der Kinderchirurgie

Dr. Tobias Esser und Prof. Dr. Martin Kaiser (v. l.) stehen in einem Gang im Hauptgebäude des Universitätsklinikums Halle (Saale).

(V.l.) Dr. Tobias Esser (BG Klinikum Bergmannstrost Halle) und Prof. Dr. Martin Kaiser (Universitätsmedizin Halle) kooperieren ab April in der Kinderchirurgie.

Nerven sind die Informanten des Körpers: Sie verschicken Reize an die Muskeln und geben so Impulse für bestimmte Bewegungsabläufe. Bei Unfällen oder bei Geburten kann es vorkommen, dass Nerven, die die Bewegung des Arms steuern, verletzt werden und es zu einer Lähmung kommt. Hier spricht man von einem Plexusschaden oder einer kindlichen Plexusparese, die physiotherapeutisch oder chirurgisch behandelt werden muss. Facharzt Tobias Esser vom BG Klinikum Bergmannstrost Halle ist einer von wenigen Chirurgen in Deutschland, die über eine große Erfahrung auf diesem Gebiet verfügen. Gemeinsam mit der Universitätsklinik und Poliklinik für Kindertraumatologie und Kinderchirurgie sowie der Universitätsklinik und Poliklinik für Neurochirurgie der Universitätsmedizin Halle bildet er ab April 2024 ein hochspezialisiertes Team. Damit ist das Universitätsklinikum Halle (Saale) die einzige Einrichtung in Mitteldeutschland mit dieser Expertise.

„Als führende Einrichtung für Kinderchirurgie sind wir auf die komplette Diagnostik und Therapie von chirurgischen Erkrankungen und Unfallverletzungen im Kindesalter spezialisiert“, sagt Prof. Dr. Martin Kaiser, Direktor der Universitätsklinik und Poliklinik für Kindertraumatologie und Kinderchirurgie der Universitätsmedizin Halle. „Mit Herrn Esser konnten wir einen erfahrenen Spezialisten für die operative Behandlung der kindlichen Plexusparese gewinnen und das Profil der Kinder- und Jugendmedizin im südlichen Sachsen-Anhalt so zusätzlich schärfen.“

Ursachen der Armlähmung bei Kindern

Eine Plexusparese kann bei Kindern auftreten, wenn das Nervengeflecht „Plexus brachialis“, das die Bewegungen des Arms steuert, stark überdehnt wird. Dies kann bei schweren Unfällen, aber auch bei der Geburt passieren. Eine geburtstraumatische Schädigung der Nerven entsteht zum Beispiel, wenn sich die Schulter des Babys im Becken der Mutter verhakt (Schulterdystokie) und der Geburtsvorgang durch lebensrettende geburtshilfliche Techniken beschleunigt werden muss. In einigen Fällen kann bereits eine zielgerichtete Physiotherapie dazu beitragen, Armmuskulatur aufzubauen und den Tastsinn zu stärken. Tritt innerhalb der ersten drei bis sechs Lebensmonate keine Besserung ein, ist eine Operation notwendig.

Geburtsbedingte Armlähmung: sicher und schnell handeln

„Bei Babys mit einer schweren geburtstraumatischen Plexusparese ist eine erfolgreiche Operation nur im ersten Lebensjahr möglich. Eine sichere Diagnose und schnelles Handeln sind hier essentiell“, betont Dr. Tobias Esser, Oberarzt in der Klinik für Plastische und Handchirurgie und Leiter der Plexus- und peripheren Nervenchirurgie im BG Klinikum Bergmannstrost Halle. Vor seinem beruflichen Wechsel nach Halle (Saale), war Esser viele Jahre in der größten Kinder-Plexus-Chirurgie Deutschlands tätig und führte sowohl als Erst- als auch als Zweitoperateur erfolgreich zahlreiche Plexus-Operationen bei Kindern und Erwachsenen durch.

Ziel der operativen Eingriffe ist es, die Funktion des Armes bestmöglich wiederherzustellen. Dies gelingt zum Beispiel mithilfe der Rekonstruktion des Nervengeflechts. Hierbei werden defekte Teilstücke des „Plexus brachialis“ entfernt und durch Nerven aus dem Bein ersetzt. Möglich ist auch die Verlagerung eines intakten Nervs, um die Funktion eines gelähmten Nervs wiederherzustellen (Neurotisation). Im Anschluss an die Operationen sind zudem physio- und ergotherapeutische Behandlungen oder das Tragen einer Schiene erforderlich.

„Das neu gebildete Team aus Herrn Esser, der Kinderchirurgie und der Neurochirurgie entwickelt für jede:n unserer Patient:innen mit kindlicher Plexusparese einen individuellen Therapieplan – evidenzbasiert und kindgerecht. Dabei stehen wir stets in engem Austausch mit den Zu- und Angehörigen und beraten und begleiten diese vertrauensvoll und fachkundig mit unseren Kolleg:innen aus der Neuropädiatrie und der Kinderintensivmedizin der Universitätsmedizin Halle“, sagt Prof. Kaiser.