Radioiodtherapie

Radioiodtherapie – Was ist das?

Die Radioiodtherapie ist eine stationäre nuklearmedizinische Behandlung zur Beseitigung einer Schilddrüsenüberfunktion, zur Verkleinerung einer vergrößerten Schilddrüse und zur Nachbehandlung von zuvor operierten Schilddrüsenkrebspatienten. 

 

Wie funktioniert das Prinzip der Radioiodtherapie?

Schilddrüsenzellen und gut differenzierte Schilddrüsenkrebszellen nehmen über spezielle Transporter radioaktives Iod auf. Die sogenannte Betastrahlung, die bei dem radioaktiven Zerfall von 131Iod entsteht, bestrahlt die überfunktionierenden Schilddrüsenzellen oder Schilddrüsenkrebszellen. Diese Strahlenart hat im menschlichen Körper eine kurze Reichweite, so dass die Strahlung  nahezu ausschließlich an dem zu behandelnden Ort wirkt. Dadurch kann eine unnötige Bestrahlung von Nachbarorganen weitestgehend verhindert werden.

 

Für welche Erkrankungen eignet sich die Radioiodtherapie?

Behandlung gutartiger Schilddrüsenerkrankungen:

1. Schilddrüsenüberfunktion durch überfunktionierende, nicht regulierbare    

    („autonome“) Schilddrüsenknoten (unifokale, multifokale Autonomie).

2. Schilddrüsenüberfunktion durch Morbus Basedow.

3. Vergrößerte Schilddrüsen (Struma).

 

Behandlung  bösartiger Schilddrüsenerkrankungen:

1. Postoperative Radioiodtherapie bei gut differenziertem Schilddrüsenkrebs   

    (follikuläres, papilläres Schilddrüsenkarzinom).

2. Radioiodtherapie bei wieder aufgetretenem Schilddrüsenkarzinom im Verlauf, bei 

    iodspeichernden Absiedlungen oder dem Anstieg des Tumormarkers.

 

 

Welche alternativen Therapieverfahren stehen zur Verfügung?

Zur Ursachen-beseitigenden Behandlung von gutartigen Schilddrüsenerkrankungen stehen ausschließlich die operativen Therapien zur Verfügung. 

Die medikamentöse Behandlung einer durch autonome Knoten verursachten Schild-drüsenüberfunktion führt als überbrückende Therapie nicht und bei einer Schilddrüsen-überfunktion durch Morbus Basedow nur selten zur Ausheilung.

Zur Behandlung von vergrößerten Schilddrüsen, die noch keine lokalen Beschwerden verursachen kann eine medikamentöse Kombinationstherapie aus Schilddrüsenhormon und Iodid eingesetzt werden, die das weitere Wachstum verlangsamen und im günstigsten Fall sogar zu einer geringen Verkleinerung führen kann.

 

Zur Nachbehandlung von operierten Patienten mit differenziertem Schilddrüsen-karzinom existiert kein alternatives Therapieverfahren.

 

 

 

Welche Voraussetzungen müssen für die Radioiodtherapie erfüllt sein und welche Voruntersuchungen sind notwendig?

 

Vor jeder Radioiodtherapie  müssen die Patienten eine Iodkarenz einhalten (Verzicht auf stark iodhaltige Lebensmittel (Meeresfisch, Meeresfrüchte, Lachsöl, Algen, iodiertes Speisesalz), keine iodhaltigen Kontrastmittel (CT, Angiographie, Ausscheidungs-urographie...), wenn möglich Absetzen oder Umstellen von iodhaltigen Medikamenten (Amiodaron). 

 

Voruntersuchungen vor Radioiodtherapie bei gutartigen Schilddrüsenerkrankungen:

 

  1. Laborwerte (TSH, fT3, fT4, TRAK, Anti-TPO, Calcitonin)
  2. Schilddrüsenultraschall inkl. Volumetrie gesamt und Volumetrie der Knoten
  3. Schilddrüsenszintigraphie.
  4. Ggf. MIBI-Szintigraphie der Schilddrüse oder Feinnadelpunktion
  5. Ambulanter Radioiodzweiphasentest: Montag – Applikation Testkapsel mit einer geringen Menge 131Iod; Dienstag und Donnerstag – Testmessungen 

 

Voruntersuchungen vor Radioiodtherapie bei bösartigen Schilddrüsenerkrankungen: 

 

  1. Histologische Befunde
  2. Laborwerte (TSH, fT3, fT4, TG, TG-REC, TAK, Kalzium, Nierenwerte)
  3. Speicheldrüsenszintigraphie
  4. 123Iod-Ganzkörperszintigraphie 
  5. Ggf.  18F-FDG-PET/CT

 

Wie erfolgt die Radioiodtherapie?

Nach der stationären Aufnahme wird das radioaktive Iod im Regelfall als Kapsel appliziert, selten auch als Flüssigkeit zum Trinken oder zum Spritzen in die Vene verabreicht. Davor dürfen die Patienten ca. 4h keine Nahrung aufnehmen. Wenn aus nephrologischer und/oder kardiologischer Sicht keine Kontraindikationen bestehen, sollte in den 24h nach der Kapselapplikation eine Trinkmenge von ca. 2-3l erreicht werden (beginnend ab 1h nach der Kapselgabe). 2h nach dem Schlucken der Iodkapsel ist Essen wieder möglich. Während des stationären Aufenthaltes finden tägliche Visiten statt. Es erfolgt eine automatische Überwachung der von den Patienten ausgehenden Strahlung, um das Entlassungsdatum festzulegen wenn der gesetzlich vorgegebene Richtwert erreicht wurde. Die Dauer des stationären Aufenthaltes richtet sich nach der erforderlichen Iodmenge und reicht von 48h minimal bis zu 2-3 Wochen maximal (Patienten mit sehr großen Schilddrüsen). Während des Krankenhausaufenthaltes darf aus Strahlenschutzgründen kein Besuch empfangen und die Station nicht verlassen werden. Vor der Entlassung werden Teil- oder Ganzkörperszintigramme erstellt, das weitere Procedere besprochen und meisten der Entlassungsbrief ausgehändigt. 

 

Welche Nebenwirkungen sind möglich?

Die Radioiodtherapie ist eine sehr gut verträgliche Behandlung. Die wenigsten Patienten haben mit Nebenwirkungen zu rechnen.  In den ersten Tagen nach dem Schlucken der Iodkapsel können Halsschmerzen auftreten, die durch Kühlen gut zu behandeln sind. Bei vorbestehender Schilddrüsenüberfunktion können die Symptome dieser in den Tagen nach der Therapie nochmals zunehmen. Wenn hohe Iodmengen erforderlich sind, kann es sehr selten zu Unwohlsein und gastrointestinalen Beschwerden kommen. Mittelfristig kann es notwendig werden Schilddrüsenhormontabletten einzunehmen. Eine verminderte Leistungsfähigkeit der Speicheldrüsen kann nach einer Radioiodtherapie nach Schilddrüsenkarzinomoperation auftreten. 

Insbesondere kommt es weder zu einer Beeinträchtigung des Stimmbandnerven noch der Nebenschilddrüsen, die den Calciumstoffwechsel regulieren.

 

Welche Erfolge sind zu erwarten?

Die Beseitigung einer Schilddrüsenüberfunktion ist im Regelfall wenige Wochen nach der Radioiodtherapie erreicht (Erfolgsrate 80 – 90 %). Eine Verkleinerung großer Schilddrüsen (Volumenreduktion um 50 %) wird nach ½ - 1 Jahr erreicht. Eine weitere langsame Verkleinerung ist bis mehrere Jahre nach der Radioiodtherapie noch möglich.

 

Die verbliebenen Schilddrüsenzellen nach einer Schilddrüsenkrebsoperation sind fast immer nach ½ Jahr beseitigt. Auch iodspeichernde Absiedlungen (Metastasen) könne durch die ablative Radioiodtherapie (teilweise mehrfache Behandlungen notwendig) behandelt werden.

 

Wie geht es nach der Therapie weiter?

Nach der Therapie gutartiger Schilddrüsenerkrankungen sind regelmäßige ambulante Laborkontrollen erforderlich. Bei vorbestehender Schilddrüsenüberfunktion ist zudem zunächst ein weiteres Vermeiden von Iod notwendig.  Etwa 6 Monate nach der Therapie wird eine sogenannte Abschlussuntersuchung (Gespräch, Halsultraschall, Kontrolle der Schilddrüsenblutwerte und Schilddrüsenszintigraphie) zur Dokumentation des Behandlungserfolges ambulant durchgeführt. Bei Patienten mit Morbus Basedow sind zudem regelmäßige Vorstellungen beim Augenarzt zu empfehlen.

 

3 bis 6 Monate nach einer ablativen Radioiodtherapie wird eine Ganzkörperszinti-graphiekontrolle durchgeführt um zu dokumentieren, dass keine auffälligen Iodspeicherungen mehr nachweisbar sind.  Anschließend findet innerhalb der ersten 5 Jahre nach der Erstdiagnose eine halbjährliche ambulante Nachsorge (Gespräch, Halsultraschall, Schilddrüsenblutwerte und Tumormarker) statt. 

 

Wer übernimmt die Kosten für die Behandlung?

Die Kosten einer Radioiodtherapie bei gutartigen und bösartigen Schilddrüsen-erkrankungen werden regulär von der Krankenkasse getragen.

 

Links:

http://www.nuklearmedizin.de/leistungen/leitlinien/docs/031-003l_S1_Radioiodtherapie_benigne_Schilddruesenerkrankungen_2015-10.pdf

 

 http://www.nuklearmedizin.de/leistungen/leitlinien/docs/031-002l_S1_Radioiodtherapie_differenziertes_Schilddruesenkarziom_2015-10.pdf