Ernährung im Alter

 

Mangelernährung ist ein wichtiges und häufig unterschätztes Problem bei älteren Patienten und Patienten mit chronischen Erkrankungen. Bis zu 80 % der älteren Patienten im Krankenhaus in Deutschland weisen ein Risiko für Mangelernährung oder eine bestehende Mangelernährung auf.

Ohne ausreichende Nahrung und ein Mindestmaß an Energie und Nährstoffen können wir unsere körperlichen und geistigen Funktionen nicht aufrechterhalten. Es drohen Schwächezustände sowie Störungen im Stoffwechsel mit ernsthaften Folgeerkrankungen. Zudem steigt das Risiko für Infekte.

Die Ursachen für Mangelernährung sind sehr vielseitig und müssen für jeden Patienten individuell erfasst werden. Neben typischen Veränderungen im Alter, die zu einer verminderten Nahrungsaufnahme führen, gibt es zahlreiche spezielle Ursachen für eine verminderte oder falsche Nahrungsaufnahme oder einen erhöhten Verbrauch von Nährstoffen.

 

  • Typische Veränderungen im Alter:
    • Nachlassen von Appetit und Essantrieb im Alter
    • Gestörte Flüssigkeitsregulation (Blaseninkontinenz)
    • Verstopfungen (in aller Regel Folge von Immobilität, faserstoffarmer Kost und unzureichender Trinkmenge)
    • Reduziertes Geschmacks- und Geruchsempfinden
  • Störungen der Kaufunktion durch Verlust von Zähnen oder schlecht sitzende Prothesen
  • Schluckstörungen
  • Akute oder chronische Krankheiten (Lungenentzündung, Schlaganfall, Tumor)
  • Demenz, Depression
  • Einschränkungen von Mobilität und Motorik 
  • Armut, Einsamkeit, fehlende Hilfsangebote
  • Unerwünschte Nebenwirkungen von Medikamenten

Die Folgen der Mangelernährung sind, je nach dem welcher Nahrungsbestandteil vordergründig fehlt, sehr vielseitig:

  • Allgemeine Schwäche, Müdigkeit, Kraftverlust
  • Muskelabbau, Verlust der Muskelkraft, Immobilität, vermehrte Stürze, Knochenbrüche
  • Verringerung der Herzmuskelmasse, Herzrhythmusstörungen
  • Abnahme der Atemmuskulatur, Luftnot bei Belastung
  • Erhöhung der Infektanfälligkeit, längere und schwerere Verläufe von Infektionen, erhöhtes Risiko für Druckgeschwüre (Dekubitus) und Wundliegen, Verzögerung der Wundheilung

Wird der schlechte Ernährungszustand frühzeitig erkannt und gezielt behandelt, ist es möglich die schwerwiegenden Folgen der Mangelernährung zu vermeiden. Nehmen Sie daher erste Hinweise auf eine Mangelernährung ernst. Diese sind:

  • unbeabsichtigte Gewichtsabnahme
  • Appetitlosigkeit, sehr einseitige Ernährung, das Auslassen von Mahlzeiten
  • körperliche Schwäche
  • Schluckstörungen und häufiges Verschlucken
  • Antriebslosigkeit und Niedergeschlagenheit
  • Mundtrockenheit, Mund- und Zungenbrennen
  • Verstopfung
  • dunkler Urin
  • niedriger Blutdruck
  • Verwirrtheitszustände

Durch weitere Befragungen, Messungen und Untersuchungen kann der Arzt das Ausmaß des Mangelzustandes beurteilen und entsprechende Maßnahmen einleiten.

Beantworten Sie die folgenden Fragen mit Ja oder Nein:

 

Haben Sie während der letzten 3 Monate wegen Appetitverlust, Verdauungsproblemen, Schwierigkeiten beim Kauen oder Schlucken weniger gegessen? 

 

1. Haben Sie in den letzten 3 Monaten ungewollt  Gewicht verloren?

2. Ist ihre Mobilität eingeschränkt (bettlägerig oder Wohnung wird kaum verlassen)? 

3. Bestanden oder bestehen eine akute Krankheit (bspw. Lungenentzündung, Schlaganfall) oder  größere Operation in den letzten 3 Monaten? 

4. Liegt eine Depression oder Demenz vor? 

5. Ist der Body Mass Index (BMI) (Körpergewicht in kg / (Körpergröße in m)2) unter 20? 

 

Wenn Sie eine der Fragen mit Ja beantwortet haben, sprechen Sie ihren Arzt an, um eine genaue Diagnostik und weitergehende Therapie einzuleiten.

Da die Ursachen sehr vielseitig sind, muss die Therapie der Mangelernährung die Ursache angehen. Eine schlecht sitzende Zahnprothese als Ursache der Mangelernährung erfordert eine andere Therapie, als eine Mangelernährung im Rahmen einer chronischen Erkrankung. Die Therapie muss daher immer individuell mit dem Patienten abgestimmt werden.

Generell können jedoch die folgenden Empfehlungen gegeben werden:

Ernährungsmaßnahmen

•  Achten Sie auf nährstoff- und energiereiche und ausgewogene Kost: Milchprodukte, Fleisch, Fisch, Eier, Obst, Gemüse, Salate, Kartoffeln, Vollkornprodukte

•  Vermeiden Sie aber strenge Diätpläne im Alter

•  Die Speisen sollten appetitlich und geschmacksintensiv zubereitet sein

•  Häufigere kleinere Mahlzeiten oder Zwischenmahlzeiten sind oft besser verträglich, als drei opulente Mahlzeiten

•  Das Essen sollte so sein, dass der Betroffene es möglichst selbstständig zu sich nehmen kann (z.B. Fingerfood)

•  Bei Kau- und Schluckstörungen sollte eine HNO-ärztliche Schlucktestung und Logopädie erfolgen. Hier kann die Konsistenz der Nahrung den Beschwerden angepasst werden

•  Achten Sie auf reichlich Flüssigkeit: Mineralwasser, Früchte und Kräutertees, Frucht- und Gemüsesäfte; eher ungünstig sind Kaffee, schwarzer Tee und Alkohol

•  Zu den Mahlzeiten sollte stets auch getrunken werden

•  Um eine ausreichende Versorgung mit Flüssigkeit zu gewährleisten, kann ein Trinkplan und das Bereitstellen der Getränke, die getrunken werden müssen, nützlich sein

•  Sorgen Sie, wenn möglich, für körperliche Aktivitäten und Bewegung, insbesondere an der frischen Luft

•  Sollten diese Maßnahmen nicht reichen und eine ausreichende Nährstoffversorgung ist nicht sichergestellt, sollte in Absprache mit dem Arzt eine Zusatznahrung (bspw. in Form von Trinknahrung) gegeben werden

•  In Gesellschaft macht Essen mehr Spaß als allein

•  Vermeiden Sie Störungen, wie Handy oder Fernseher während der Mahlzeiten

•  Achten Sie auf eine aufrechte Körperhaltung beim Essen und essen Sie wann immer möglich am Tisch auf einem Stuhl

•  Stellen Sie den richtigen Sitz der Zahnprothese sicher